(Quelle: Kauer/DJV)

"Alte Zöpfe abschneiden und Wild neu interpretieren"

Auch im September schmeißt Tom Heinzle den Grill an, denn im Herbst gibt es gutes Fleisch aus heimischer Jagd. Der mehrfach ausgezeichnete Grill-Profi und Autor verrät im DJV-Interview, was ein richtig gutes Wildgericht ausmacht.

Tom Heinzle: Früher Maschinenbauer, jetzt Profi-Griller.
Tom Heinzle: Früher Maschinenbauer, jetzt Profi-Griller. (Quelle: Markus Gmeiner, Starke Fotografie)

Grillmeister Tom Heinzle ist ein Querdenker. Traditionelle Wildgerichte peppt er mit innovativen Kreationen auf und lässt sich dabei von fremden Kulturen und Ländern inspirieren. Er gibt regelmäßig Kurse und ist als Show-Griller auf Festivals und Gourmet-Messen unterwegs. Der Grill-Pionier ist mehrfacher Vizeweltmeister und österreichischer Staatsmeister im Wild-Grillen.

DJV: Herr Heinzle, Sie kommen eigentlich aus dem Maschinenbau, heute sind Sie erfolgreicher Koch und haben bereits fünf Bücher übers Grillen veröffentlicht, darunter auch das Buch 'Wild Grillen'. Wie sind Sie zu Ihrer Leidenschaft am Grill gekommen?

Heinzle: Ich war schon immer Hobbykoch und bin mit einem guten Gaumen gesegnet. Irgendwann habe ich ein Grill-Seminar bei einem Sternekoch belegt und gemerkt: Grillen ist viel mehr, als nur ein Stück Fleisch aufs Rost zu legen. So ist aus einer Passion dann ein Beruf geworden.

Jetzt haben wir September. Kein Grund mit dem Grillen aufzuhören, oder?

Nach dem Sommer geht bei mir das Grillen nahtlos weiter. Im Herbst und Winter gibt es andere Gemüsesorten, etwa Rote Beete, Steckrüben, Kürbis. Diese Lebensmittel haben andere Röstaromen, damit entstehen auch komplett neue Geschmackserlebnisse. Deshalb finde ich die Zeit im Herbst und im Winter besonders interessant, um neue Gerichte auf dem Grill zuzubereiten.

Was darf dabei auf keinen Fall fehlen?

Wichtig ist natürlich eine gute Wildfleischqualität, aber auch guter Pfeffer, gutes Salz und gutes Öl. Es muss nicht unbedingt immer Olivenöl sein, man kann auch ruhig Hanföl zum Würzen nehmen. Leindotteröl passt auch sehr gut zu Wild. Mit wenig Zutaten in guter Qualität kann man ein wahnsinnig tolles Rezept zaubern.

Warum Grillen Sie besonders gerne Wild?

Wild war immer ein Herzensthema. Das erste Buch, das ich geschrieben habe, war 'Winter Grillen'. Bei den Rezensionen ist mir aufgefallen, dass speziell meine Wildrezepte sehr gelobt wurden. Darum habe ich mich für ein reines Wildbuch entschieden, das fernab von wuchtigen Marinaden mit schönen frischen Rezepten daherkommt. Richtiges Wildfleisch aus der Jagd ist ein wertvolles Lebensmittel mit wenig Fett und viel Geschmack. Ein stressfreies Fleisch, das ursprünglich ist und auf dem Grill noch ursprünglicher wird.

Inwiefern ursprünglich?

Die meisten Leute essen Wildfleisch mit Blaukraut oder Kastanien und süßer Marinade oder Rotweinsoße. Wenn ich Wild grille, arbeite ich ohne Soßen, ohne Marinaden. Das Fleisch ist ursprünglicher und durch die Zubereitung auf offenem Feuer bekommt es einen komplett anderen Geschmack. Meine Motivation ist es, alte Zöpfe abzuschneiden und Wild neu zu interpretieren.

Wildfleisch ist also nicht nur etwas für die traditionelle deutsche Hausmannskost?

Wild ist sehr abwechslungsreich. Früher gab es die heutigen Maßstäbe für Fleischqualität nicht. Damals brauchte man diese wuchtigen Beilagen und Marinaden um gewisse Fehltöne des Fleisches auszugleichen, wenn es zum Beispiel lange im Freien abhing oder nicht sauber zerlegt wurde. Es wurde schon immer eher schwer interpretiert, deshalb hat Wild diesen Ruf bekommen.

Was wäre denn eine leichtere Interpretation à la Heinzle?

Man sollte sich mein Buch 'Wild Grillen' anschauen. Da arbeite ich mit asiatischen und indischen Gewürzen. Mein Lieblingsgericht ist ein einfacher Rehrücken. Den würze ich nicht mal, bevor ich ihn auf den Grill lege. Stattdessen schneide ich ihn sauber zu und grille ich ihn genau auf den Punkt. Zum Schluss kommen etwas Salz,  Pfeffer und ein Hauch Garam Massala dazu. Als Beilage serviere ich Kürbispüree aus in Honig und Weißwein geschmortem Kürbis. Das ist ein wahnsinnig tolles Geschmackserlebnis.

Sind Wildgerichte eigentlich schwerer zu grillen als anderes Fleisch?

Wild eignet sich sehr gut zum Grillen. Aber man muss aufpassen, weil es kaum Fett hat und dazu neigt, trocken zu werden. Man muss ein wenig geübt sein und genau auf die  Kerntemperatur des Fleisches achten. Wichtig ist auch eine sanfte Hitze.

Was würden Sie Wild-Anfängern am Grill raten?

Ich würde mit Wildschwein starten. Das ist am einfachsten, weil das Fleisch am meisten Fettanteile hat. Es hat zudem einen vergleichsweise milden Eigengeschmack.

Was ist Ihre Definition von richtig guter Küche?

Unter einem richtig guten Essen verstehe ich, wenn man die einzelnen Grundzutaten herausschmecken kann. Ohne großes Chichi, ohne Firlefanz, ohne Hin und Her. Einfach gutes ehrliches Handwerk, das finde ich cool.

 

Das Buch 'Wild Grillen' von Tom Heinzle ist im Heel Verlag erschienen und bei Amazon erhältlich.

Rezept aus dem Buch 'Wild Grillen': Rehrücken auf dem Knochen gegrillt mit Kürbisgemüse

Zu Tom Heinzles Grillwerkstatt geht es hier entlang oder besuchen Sie seine Facebookseite.